Für mich hat gleichmütig garteln und
leben den Zusatz mit
ME/CFS. Seit 2002 lebe ich mit
dieser chronischen Erkrankung. So wie viele andere Menschen
auch, Tendenz steigend.
Myalgische Enzephalomyelitis ist eine chronische
Multisystemerkrankung. Leitsymptom - und für die
Diagnosestellung zwingend erforderlich - ist eine
Zustandsverschlechterung nach auch schon geringer Belastung
(mental, emotional, körperlich, sensorisch). Diese kann
zeitverzögert eintreten und langanhaltend sein und wird als
PENE, PESE, PEM oder Crash bezeichnet.
Leider sind selbst Fachkreise bislang wenig informiert -
obwohl es bereits vor der Pandemie etwa 250.000
ME/CFS-Erkrankte in Deutschland gab. In Europa waren zu diesem
Zeitpunkt laut einer der weltweit führenden Forscher:innen zu
ME/CFS, Frau Prof. Scheibenbogen von der Charité, "geschätzt
drei Millionen Menschen an ME/CFS erkrankt und [die]
vorliegenden Daten lassen vermuten, dass sich deren Zahl
infolge der Pandemie verdoppelt hat" (>>Quelle, ext.).
Nüchtern betrachtet hat diese Entwicklung dazu geführt,
dass ME/CFS erkennbar mehr wahr- und ernst genommen wird. Die
im Februar 2021 vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag
gegebene und im April 2023 veröffentlichte>>Studie zum aktuellen Kenntnisstand von
ME/CFS (ext.) ist hoffentlich mehr als
ein guter Anfang.
Wenn ich ME/CFS mit einer Gartenpflanze vergleichen sollte,
wäre es wohl der Giersch. Über seine Samen und insbesondere
über seine weißen, langen und tief reichenden Wurzeln breitet
er sich im ganzen Garten aus...
Mein Verhältnis zum Giersch ist ambivalent: Er nervt, weil
es eine Dauerbeschäftigung ist, ihn im Zaum zu halten.
Gleichzeitig ist Giersch schön anzusehen und nützlich.
Seine weißen Blütendolden sind eine wahre Pracht, er ist
eine Nektar- und Raupenfutterpflanze, ein vielseitiges
Wildgemüse und wurde in den Klostergärten als Heilkraut
geschätzt. Darüber hinaus ist Giersch ein hervorragender
Bodendecker, der die Feuchtigkeit auch für die mit ihm
wachsenden Pflanzen im Boden hält.
Hat ME/CFS wie Giersch auch gute Seiten? Nun ja...
Bei mir sorgt ME/CFS jedenfalls dafür, dass ich mich aus
einem weiteren Blickwinkel intensiv und sehr konkret mit
den Themen Vergänglichkeit, Prioritäten, Selbstfürsorge und
Loslassen beschäftige. Und das ist definitiv etwas Gutes in
meinem und für mein Leben.
Im folgenden Rundgang zeigt sich einiges von
dem, was die ME/CFS in mein Leben bringt. Dazu gehören auch
Protagonist:innen aus meinem >>Inneren Garten.
Mich mit ihnen zu beschäftigen, hilft mir enorm auf meinem
Weg zum Gleichmut.