Mich mit der anhalternden Erschöpfung zu arrangieren, fällt
mir auch noch nach über 20 Jahren sehr schwer. Ich fühle mich
angekettet, weil so viel nicht geht, auf das ich Lust habe.
Phasen starker Erschöpfung habe ich irgendwann
"Schlappe-Krähe-Zeit" getauft. Und obwohl ich Krähen sehr mag,
war das bis 2023 keine wohlwollende Bezeichnung. Vielmehr war
es der Versuch, Zustand und Diagnose nicht an mich
heranzulassen, den Ohnmachtsgefühlen durch Ironie zu entkommen
und auch vor anderen so zu tun, als wäre das ja alles gar nicht
so schlimm für mich...
Ende 2021 war die Erschöpfung so massiv wie in 2002/03 und
hielt mehr oder weniger durchgängig zwei Jahre lang an. Im
Gegensatz zu schwerer an ME/CFS Erkrankten konnte ich aufstehen
und mich selber versorgen. Nicht einmal ein paar Stunden in der
Woche meinen Beruf ausüben zu können, hat mich jedoch in eine
schwere Krise gestürzt.
Als Gedanken an "letzte Auswege" gleichzeitig sichere
Lebensanker waren, sprang die Tür auf, die ich zwei
Jahrzehnte lang mit so viel Kraftaufwand zugehalten hatte.
Dahinter stand... nicht das befürchtete Monster, das mich
packen wollte... Hinter der Tür stand eine traurige,
ängstliche, sehr schlappe Krähe, die eigentlich nur eines
wollte: In den Arm genommen und lieb gehabt werden.
Auch wenn ich gut mit inneren Bildern arbeiten kann,
Entsprechungen im Außen zu haben, finde ich sehr hilfreich.
Darum musste eine Krähe zum Kuscheln her...
Hier ist Schlappe Krähe. Ich habe ihr eine Kuscheldecke
gestrickt und eine dicke Schafwollunterlage gemacht, in der
sich "das dunkle Netz" befindet, das depressive Episoden
symbolisiert .
Viele Monate hat Schlappe Krähe vornehmliche auf meinem
Bauch gelegen. Nun sitzt sie - gut sichtbar, versteht sich -
meist in der Wohnküche. Und die Position der lila Kuscheldecke
zeigt, wie es meinem "Schlappe-Krähe-Anteil" geht, von "ohne
Decke sitzen" (10/10) über "eingehüllt, Kopf guckt raus" (6/10)
und "dunkles Netz im Rücken" (3/10) bis "im dunklen Netz"
(1/10).
Mindestens einmal am Tag gucke ich, ob das Bild so für mich
passt. Wenn nicht, probiere ich so lange rum, bis das Bild für
mich stimmig ist und bemühe mich, mein Ruhen & Tun danach
auszurichten.