gleichmütig garteln und leben

Gehirnmuskelkater -

meine sehr freie Übersetzung
von "Myalgische Enzephalomyelitis" ;)

Mit Muskelkater sind körperliche Bewegungen nicht mehr möglich, die ohne Muskelkater möglich waren - zumindest nicht ohne Schmerzen und/oder weitere Verletzungen.

Mit ME CFS ist jede Form von Bewegung eingeschränkt - körperlich, mental, emotional - sei es aufgrund von mangelnder Energie und anderer Symptomen oder um weitere Einschränkungen so gut es geht zu verhindern.

In mir malt Gehirnmuskelkater  

ein stimmiges Bild sowohl für die alltäglichen Beeinträchtigungen durch ME CFS als auch für die Überlastungsreaktion, wenn ich mehr gemacht /mir mehr gegönnt habe, als ich vertragen kann (garteln oder unterhalten z.B.).

Weil mir "Crash" zu emotional-dramatisch klingt, "PEM"(Post-Exertional  Malaise: Unwohlsein nach Anstrengung) zu verharmlosend und "PENE" (Post-Exertional Neuroimmune Exhaustion: Neuroimmunologische Erschöpfung nach Anstrengung) eine einseitig Zuschreibung ist , nutze ich diese Bezeichnungen nicht.  "PESE" (Post-Exertional Symptom Exacerbation - Symptom-Verschlimmerung nach Anstrengung) finde ich passend für den Zustand nach dem Zuviel, "Überlastungsreaktion" erzählt auch "Nicht-Eingeweihten", worum es geht.

Als besonders einschränkend erlebe ich die neurokognitiven Symptome. Sie werden meist als "brainfog" bezeichnet, was für mich gar nicht passt, weil ich Nebel sehr mag. Nebel hüllt die Welt in Watte, alles wirkt sanft und leise. Für mich ist auch hier das Bild vom Gehirnmuskelkater  stimmiger. Der ist mehr wie ein heftiges Gewitter, laut und gewaltig.

Im neurokognitiven Bereich
bedeutet Gehirnmuskelkater  für mich

  • dass ich mehr oder weniger durchgehend Kopfschmerzen habe, nach Überlastung starke
  • dass vieles für mich schmerzend laut oder grell ist
  • dass ich mich immer so fühle, als wäre ich viel zu früh aufgestanden und/oder schon viel zu lange aufgeblieben. Egal wie lange ich gelegen oder geschlafen habe.

    Und manchmal ist mir zwischendurch oder den ganzen Tag so, als wäre ich mitten aus einer Tiefschlafphase gerissen, bräuchte Zeit zu mir zu kommen, mich zu orientieren - neben "Schwindel-Tagen" der Grund, warum Autofahren hin und wieder nicht möglich ist bzw. nicht verantwortlich wäre.
    Es hat einen Moment gegeben, in dem mir ein Ort, an dem ich Hunderte von Malen zuvor gewesen bin, plötzlich fremd und meine Wahrnehmung so eingeschränkt war, dass ich nicht "gesehen" und nicht gewusst habe, wie ich weiterfahren muss.

Gehirnmuskelkater  im neurokognitiven
Bereich bedeutet für mich auch

  • dass mein Kurzzeitgedächtnis speichert wie es lustig ist
  • dass "eigentlich" vorhandenes Wissen (Fakten, Erfahrungen) verlegt scheint in meinem Hirn - ich weiß, dass es da ist, kann aber nicht darauf zugreifen
  • dass Worte und Begriffe immer wieder nicht rausfinden aus meinem Hirn - nicht nur beim Reden, auch beim Schreiben und Denken
  • dass ich mich nicht selten als deutlich denk- und versteh-langsamer empfinde, als "eigentlich" für mich üblich (oder altersangemessen ;))
  • dass meine Konzentration beim Lesen/Zuhören/Zuschauen Pausen zu machen scheint, dass ich immer wieder den Faden verliere, manchmal auch einschlafe

Im Garten,

wenn mir die Namen von Pflanzen nicht einfallen oder ihre Heilwirkung, kriecht manchmal die Sorge in mir hoch, dass mein Hirn irgendwann gar nicht mehr mitspielen könnte...

Erzähle ich mir dann, dass ich mitten in der Nacht aufgestanden bin, um in den Urlaub zu fahren ;), um "jetzt hier" zu sein, verändert sich mein Fühlen und Bewerten, schaue ich freudlicher und gleichmütiger auf den Gehirnmuskelkater.

Und wenn ich mich dann ins Gras setze oder irgendwo hinhocke, vielleicht ein Insekt beobachte oder eine Schnecke, wird das Denken und Fühlen leise,  das Drinnen und Draußen verbindet sich und ich bin einfach so da...