gleichmütig garteln und leben

Adelheid geht es gut

Zaungespräche im Kleingarten handeln sehr häufig davon, was geschafft wurde oder noch getan werden muss. Wenn ich keinen guten Tag habe, nervt mich das. Warum? Weil ich ein Thema mit "faul sein" habe...

Gern zitiert wurde in meiner Kindheit Wilhelm Buschs Bildergeschichte  >>Die beiden Schwestern : "Die eine namens Adelheid war faul und voller Eitelkeit. Die andre, die hieß Kätchen und war ein gutes Mädchen, Sie quält sich ab von früh bis spät, wenn Adelheid spazieren geht."

Das fleißige Kätchen endet als Prinzessin;  Adelheid wird vom Wassernickel auf den Grund seines Weihers gezogen und fristet dort fortan ein jämmerliches Dasein. Schlechte Aussichten also für Mädchen/Frauen, die lieber spazieren gehen als sich von früh bis spät abzuquälen...

Ich habe die Geschichte 2024 gekürzt und umgeschrieben, einige Bilder verändert, zwei Kommentare hinzugefügt. Der Prozess war anstrengend UND sehr heilsam: Die neue Geschichte hat die alte ersetzt und schwierige Gefühle verwandelt.

Adelheid geht es gut :))

Vorwort

Dass brave, fleißige Mädchen vom Leben belohnt, die anderen bestraft werden, wurde zu Wilhelm Buschs Zeiten nicht infrage gestellt. Zumindest nicht öffentlich. Vielleicht hat sich Wilhelm Busch also nur nicht getraut, die wahre Geschichte der beiden Schwestern zu erzählen? Oder wollte er es nicht, weil sie ihm nicht passte? Womöglich wusste er ja auch gar nicht, wie sie sich zugetragen hat? Fragen können wir ihn nicht mehr, aber wir kennen die wahre Geschichte von Käte und Adelheid:

Es waren mal zwei Schwestern,
ich weiß es noch wie gestern.
Die eine, namens Adelheid,
fand Hüte gut und war gescheit.

Die andre, namens Kätchen,
war ein sehr braves Mädchen:
Sie müht sich ab von früh bis spät!

Die Adelheit spazieren geht,
trinkt abends gern vom roten Wein,
das Kätchen schenkt sich Wasser ein.

Und einmal ist die Adelheid
in ihrem liebsten Lieblingskleid
herumspaziert an einem Weiher,
da saß ein Knabe mit der Leier.

Die Leier klang, der Knabe sang:
„Ich liebe dich, bin treu gesinnt,
Komm, küsse mich, du hübsches Kind!“

„Mal langsam“, sagt die Adelheid,
„dazu bin ich vielleicht bereit,
wenn wir uns etwas besser kennen.
Komm, lass uns um die Wette rennen!“

Sie legt die Schuhe und den Hut
auf einen Stein, da lieg’n sie gut,
zieht hoch das Kleid bis zu den Knien,
dem Knaben scheint das recht intim…
und sollte sie denn wirklich glauben,
ihm auch nur einen Sieg zu rauben?

„Auf geht’s!“, lacht laut die Adelheid,
rennt los in ihrem Lieblingskleid
und eh der Knabe sich’s  versieht,
die Adelheid von dannen zieht.

Indes holt Käte Wasser,
da sitzt ein Frosch, ein nasser,
quakt  laut und ganz unsäglich
gottsjämmerlich und kläglich:
„Erbarme dich und küsse mich!“

Sie tut’s, da gibt es ein Getöse,
als ob man die Kanonen löse.

Ein hohes Schloss
steigt aus dem Moor;
ein echter Prinz
steht vor dem Tor.

Nachwort

Wie es für die Schwestern weitergegangen ist? Sie haben ein glückliches Leben gelebt, heißt es. Wie genau das ausgesehen hat? Nun, das ist nicht leicht zu beantworten, sind wir doch in einer anderen Welt Zuhause als sie. Einerseits.

Andererseits leben beiden Schwestern wohl in jeder und jedem von uns, mit all ihren Gedanken und Gefühlen, Eigenschaften und Taten. Gelingt es, keiner von beiden den Vorzug zu geben, Ruhen und Tun, Mitgefühl und Weisheit in Einklang zu bringen, öffnen sich Wege in ein reiches und freies Leben.

Das wünsche ich uns allen von ganzem Herzen!